Weiß ist manchmal eben doch erlaubt
Woher kommt eigentlich die Einigkeit, Weiß habe in Einrichtungsfragen nichts verloren?
Eine Gegenthese. Und ein Plädoyer für Weiß!

Weiß ist die Summe aller Farben. Physikalisch gesehen setzt sich weiß aus Lichtwellen des gesamten Spektrums zusammen: wenn alle Farben in voller Stärke leuchten, dann ensteht Weiß. Klingt schön, nicht wahr?!
Fast hätte Beethoven das als Schlußsatz in eine seiner Sinfonien einbauen können.

Ich liebe Muster, ich liebe Farben, noch mehr liebe ich den wilden Mix aus beiden und dennoch braucht es, so finde ich, in Wohnungen auch Räume, die schlicht und ergreifend weiß sind. Weiß wirkt sauber und klar, rein und unschuldig, wird aber von vielen Menschen auch als nüchtern und sachlich wahrgenommen. Der bekannte Farbforscher Axel Venn findet sogar, Weiß sei lebensfeindlich und nicht anregend. Aus verschiedenen Richtungen wird Weißliebhabern attestiert, sie seien feige, wagen es nicht, sich festzulegen oder haben Angst vor falschen Entscheidungen.

Was aber, wenn der Entschluss zur weißen Wand keine Bequemlichkeit oder Unsicherheit aufzeigt, sondern eine bewusste Entscheidung ist?! Weiß bedeutet für mich nicht, einen Verzicht zu üben, der neun Millionen andere Optionen ausschließt, sondern, sich in diesem Fall ganz konkret gegen Farben zu entscheiden. Durch einen dunkelgrauen Flur spazierend liegt linkerhand eine senffarbene Küche, weiter ein bordeauxrot gehaltenes Bad, man schlendert durch ein Meer an Bunt und gelangt am Ende in ein großes weißes Zimmer. Welches damit eine Aussage ist! Hier wird es klassisch, hier wird es elegant, hier kann sich das Auge ausruhen. Und auch der Geist.

Für Wassily Kandinsky symbolisierte eine weiße Fläche eine Welt, in der alle Farben verschwunden sind. Das Weiß, so Kandinsky, „wirkt auf unsere Psyche als ein großes Schweigen… Ein Schweigen, welches nicht tot ist, sondern voll Möglichkeiten“. Ein ganz wundervoller Schlusssatz, den lasse ich so.

Weiße Luftballons schweben an einer weißen Zimmerdecke.

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